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Was glauben Scientologen?

Letzte Änderung: 27. Juni 2000

Auf diese Frage ist es schwer, eine Antwort zu bekommen. Scientologen geben darüber in der Regel keine Auskunft (das ist ihnen nämlich per Vorschrift untersagt), sondern verweisen stattdessen auf das von der Scientology-Kirche publizierte Buch "Was ist Scientology?", das in Auszügen auch auf der WWW zu finden ist (Englisch, Deutsch). Dieses Buch liefert aber über die Scientology zugrundeliegende Theorie praktisch keine Auskünfte.

Viele Kritiker hingegen behaupten, Scientology sei eine UFO-Religion, und zitieren als Beleg die Geschichte von Xenu, die Teil der OT3-Materialien ist. Schon eine kursorische Durchsicht des von Scientology publizierten Lehrmaterials zeigt aber, daß Weltraumgeschichten darin nur eine untergeordnete Rolle spielen, auch wenn das in der Praxis anders aussehen mag.

Ich habe daher im folgenden versucht, das scientologische Glaubenssystem kurz zusammenzufassen, soweit das für einen Nicht-Scientologen möglich ist. Dieser Versuch gründet sich hauptsächlich auf Berichte von Ex-Scientologen und auf die Lektüre von Scientology-Material.

Gemäß Scientology besteht der Mensch aus drei Teilen: dem Körper (einer, wie Hubbard sagt, biochemischen Maschine), dem Mind und dem Thetan. Der Mind teilt sich auf in den analytischen Mind, der eine Art fehlerlosen Computer darstellt, und den reaktiven Mind, der dafür sorgt, daß Menschen nicht gut sind. (Nach Hubbard ist der Mensch im Prinzip gut und wird nur durch seinen reaktiven Mind daran gehindert.) Der reaktive Mind setzt sich aus Perzeptionen zusammen, die man empfangen hat, während man bewußtlos war und gleichzeitig Schmerz empfand - den sogenannten Engrammen. Diese Engramme bestimmen die Funktion des reaktiven Minds. Sie existieren nicht nur für das derzeitige Leben, sondern auch für frühere (Scientologen glauben also an Wiedergeburt). Sie werden aktiviert, sobald man in einer Situation ist, die jener in einer gewissen Weise ähnlich ist, in der man das Engramm empfangen hat (die Engramme werden "restimuliert"). Ziel ist es zunächst, den reaktiven Mind von Engrammen zu befreien. Dies geschieht durch "Dianetik", und wenn die Engramme alle gelöscht sind, hat man den Zustand des "Clear" erreicht. Früer wurden für diesen Zustand allerlei fantastische Versprechungen gemacht (der Intelligenzquotient solle um mindestens 20 Punkte steigen, "Clears" seien nicht anfällig für Krankheiten usw.), heutzutage ist Scientology zumindest in offiziellen Publikationen aber davon wieder abgekommen.

Der Thetan ist so eine Art "Seele", die nicht von dieser Welt ist, sondern theoretisch in der Lage, über diese Welt zu verfügen: gemäß Scientology steht er außerhalb von Materie, Energie, Raum und Zeit. Im Gegensatz zum Körper ist der Thetan unsterblich, d.h. wenn der Körper stirbt, sucht sich der Thetan einfach einen neuen.

Als Clear erkennt man, daß man (als Thetan) für seinen reaktiven Mind in gewisser Weise selbst verantwortlich ist (angeblich führt das Aussprechen der Phrase "I mocked up my reactive mind" zum sofortigen erfolgreichen Abschluß des Clear Certainty Rundown, also des Kurses, bei dem herausgefunden wird, ob man tatsächlich Clear ist oder es sich nur einbildet). Aber auch als Thetan hat man noch seine Probleme. Man ist nämlich mit Implantaten behaftet. Durch diese Implantate hat der Thetan vergessen, wie mächtig er einst war, und ist deshalb nicht mehr in der Lage, außerhalb seines Körpers zu agieren oder das Universum zu beeinflussen. Die OT-Level sollen es einem Thetan ermöglichen, diese Fähigkeiten wieder zu erlangen. Einer dieser OT-Level erzählt dann von Xenu, der für eine ganze Reihe von Implantaten verantwortlich zeichnet.

Warum dürfen Scientologen nicht über ihre Religion reden?

Vielen Dank an Chris Owen, Lronscam und Stacy Brooks für Ideen zu diesem Thema.

Wie oben schon festgestellt, dürfen Scientologen ihren Glauben nicht erklären. Dafür gibt es mehrere Gründe.

Erstens gibt eine verbale Erklärung eines Sachverhalts diesen möglicherweise nicht völlig korrekt wider. Es wäre also möglich, daß man einen falschen Eindruck von Scientology erhalten könnte. Dies soll unbedingt vermieden werden.

Zweitens erlaubt die absolute Kontrolle über den Glaubensinhalt von Scientology, eine Zersplitterung der Bewegung zu vermeiden. Der Vorläufer von Scientology, Dianetik, scheiterte exakt an diesem Problem. In den fünfziger Jahren kauften sich zumindest in den USA viele Leute das Dianetik-Buch und begannen mit den darin beschriebenen Techniken zu experimentieren. Die von ihnen erlebten Erfahrungen deckten sich häufig nicht mit denen von Hubbard; daher wurden viele unabhängige Dianetik-Zirkel gegründet, die sich seiner Kontrolle entzogen und von denen er auch in finanzieller Weise nicht profitieren konnte. Scientology sollte nicht das gleiche Schicksal erleiden, und so galt es, dem vorzubeugen.

Drittens führt das Verbot, sich über die Lehre von Scientology zu unterhalten, zu einer größeren Abhängigkeit von der Religion. Wenn Menschen normalerweise neue Erfahrungen machen, tauschen sie sich darüber aus. Dieser Austausch beeinflußt ihre Gedanken. Eine kritische Reflektion dessen, was man erlebt hat, ist durch einen Vergleich eher möglich. Auch die Bildung einer Gruppe von Leuten, die ähnliche Ideen und Erfahrungen gemacht haben, ist denkbar. Beides gilt es zu verhindern. Der einzelne soll unmittelbar mit der scientologischen Lehre indoktriniert werden, ohne die Möglichkeit zu haben, darüber mit anderen zu reden. Dies erleichtert auch die Akzeptanz der "höheren Levels", deren Inhalte immer absurder werden - wenn man einmal akzeptiert hat, daß man schon viele Millionen Jahre gelebt hat, ist es auch leichter, die Geschichte von Xenu tatsächlich für wahr zu halten. Die Gefahr einer oppositionellen Gruppenbildung wird ebenfalls vermindert.