Klaus Zechner

 

 

 

Meinen Großeltern gewidmet

 

 

 

Václav Havels Existenzphilosophie in seinen “Briefen an Olga”

 

von meinen Betrachtungen: sie sind eine Niederlage, weil ich in ihnen nichts entdeckt und ausgesprochen habe, das nicht schon lange entdeckt wäre und hundertmal besser ausgesprochen worden wäre.- Und trotzdem sind sie zugleich ein Sieg: wenn schon nichts anderes, so bin ich (soviel banal äußere und tief innere Hemmungen überwindend, wie ich sie niemandem beim Schreiben wünsche) so weit an ihnen hochgeklettert, daß ich mich jetzt wesentlich besser fühle als damals, als ich mit ihnen angefangen habe. Es ist schon seltsam, aber vielleicht bin ich jetzt sogar glücklicher als jemals sonst in der letzten Zeit. (p.310)

 

 

0. Einleitung

0.1 Motivation, Inhalte und Ziel dieser Arbeit

Anfang 1992 las ich zum ersten Mal in den “Briefen an Olga” und war tief beeindruckt von den darin enthaltenen philosophischen Betrachtungen Havels, die in mir das Gefühl großer “Stimmigkeit” auslösten. Ich meine damit nicht so sehr eine interne Stimmigkeit (das dahinterliegende Gesamtkonzept wurde mir großteils erst viel später klar), sondern vielmehr eine Art Übereinstimmung mit meiner persönlichen Sicht der Welt, die, wenn auch nicht vollständig, so doch weitgehend bestand (und besteht). Dabei stieß ich wiederholt auf Formulierungen,die mir so treffend und genau erschienen, daß sie mich zugleich erschreckten wie auch berührten in dem Sinne, daß “ich selbst das auch genauso sagen würde, hätte ich die schriftstellerischen und poetischen Fähigkeiten dazu.” Es war also nicht nur das Interesse an den Inhalten der Havelschen Philosophie, sondern vielmehr eine Art verspürter Geistes- und Seelenverwandtschaft, die mich bis heute nicht von Havels Philosophie losließ.

Was mich bei der Lektüre störte, war die durch die Umstände bedingte Zerrissenheit der Themen der Betrachtungen (s. dazu Abschnitt 0.2), die ein kohärentes und gewissermaßen “abgerundetes” (vgl. aber Abschnitt 0.3) Erfassen der philosophischen Weltanschauung Havels sehr erschwert.

Daher entschloß ich mich bereits damals, die wichtigsten Themen in übersichtlicher Form zu gruppieren und anhand relevanter Zitate verständlich zu machen. Dies tat ich im Juni 1992 im unveröffentlichten “Kurzen Abriß zur Philosophie Václav Havels”, der (primär) als “Orientierungshilfe” neben (oder nach) der Lektüre der “Briefe an Olga” dienen sollte.

Angeregt durch viele positive Kommentare und Rückmeldungen aus meinem Verwandten-, Bekannten- und Freundeskreis, die jenen “Abriß” gelesen haben, entschloß ich mich, eine erweiterte Neufassung zu schreiben, deren Ziel es unter anderem auch sein soll, die inneren Zusammenhänge in der Philosophie Havels stärker und deutlicher zum Vorschein kommen zu lassen, als dies beim ersten Aufsatz der Fall war; somit sollte diese Arbeit auch “für sich allein” stehen und gelesen werden können.

Auch in diesem Aufsatz habe ich versucht, die Inhalte der Philosophie Havels durch möglichst viele relevante Zitate darzustellen, auch wenn darunter die Flüssigkeit des Textes leiden mag - was natürlich keine Kritik an Havels Stil, sondern eher an meinem eigenen ist! Mir ist aber wichtig, daß der Leser dieser Arbeit die Gedanken Havels in möglichst authentischer Form erfahren kann; zum anderen ist mir auch nicht einsichtig, weshalb ich mich zwingen sollte, für sehr gelungene Formulierungen und Darstellungen einen selbstgebastelten, rekonstruierten und daher minderwertigen Ersatz zu finden.

Ich habe mich mit Absicht nur auf das Buch “Briefe an Olga” (s. Quellenangabe) bezogen; nicht, weil ich es für unnötig oder gar überflüssig hielte, Bezüge zu Havels dramatischem und poetischem Schaffen bzw. zu Verbindungen und Einflüssen bezüglich anderer Autoren herzustellen, sondern weil ich mit dieser Arbeit eine Art Voraussetzung dafür schaffen möchte, diese weitergehenden Zusammenhänge zu behandeln.

Weiters mußte ich mich entschließen, eine Reihe von interessanten Themen aus dieser Arbeit auszuklammern, die zwar teilweise durchaus Bezug zur Philosophie Havels haben - wie natürlich im Prinzip alles, was er schreibt, es handelt sich ja um keine “abgehobene Metaphysik” - , aber meiner Meinung nach nicht deren “Kernbereich” angehören. Darunter fallen insbesondere die ausführlichen Betrachtungen im Zusammenhang mit dem Theater oder etwa auch Havels Überlegungen zu Dogmatismus und Fanatismus.

Trotz meines aufrechten Bemühens um “Genauigkeit und Vollständigkeit” (soferne es um die Existenzphilosophie geht), ist mir klar, daß ich wohl nicht alles korrekt verstanden und wiedergegeben, insbesondere aber wohl Wichtiges gar nicht oder unvollkommen dargestellt habe. Über alle Hinweise und über jede Kritik in diesen und in anderen Zusammenhängen bin ich sehr dankbar.

Das Ziel dieser Arbeit soll darin zu sehen sein, die Existenzphilosophie Havels, wie sie in den “Briefen an Olga” dargestellt ist, in eine möglichst vollständige, konsistente und übersichtliche Form zu bringen, sodaß sich die Leser ein präzises und klares Bild davon machen können. Wieweit mir dies gelungen ist, mögen die Leser beurteilen.

 

0.2 Zu den Umständen der Entstehung der “Briefe an Olga”

Václav Havel schrieb diese Briefe an seine Frau Olga in den Jahren 1979 bis 1983, während seiner Gefängnisaufenthalte in Ruzynê, Hermanice und Pilsen-Bory. Die Bedingungen und Vorschriften für das Briefeschreiben waren sehr restriktiv: einmal pro Woche, vier Seiten Text, gut leserlich geschrieben; als Themenbereiche waren ausschließlich persönliche und familiäre Dinge vorgesehen. Notizen und Aufzeichnungen, etwa, um sich einen Überblick über das schon Geschriebene zu verschaffen, waren verboten. Dazu kam, daß von der Gefängniszensur Briefe in willkürlicher, nicht nachvollziehbarer Art einbehalten wurden, sodaß Havel teilweise wichtige Passagen erneut, in anderem Zusammenhang, formulieren mußte, um sie (überhaupt) in die Außenwelt zu bringen. (Siehe zu diesem Themenkomplex die Anmerkungen von Jirí Dienstbier: “Über das Briefeschreiben”, pp.321ff.) So kommt es dazu, daß Havel konstatiert:

aber es gehört schon zur Tradition meiner brieflichen Betrachtungen, daß sie ein wenig “stotternd” sind: was später kommen soll, geht dem voran, was früher kommen sollte; häufig fehlt jegliche Verbindung; viele Dinge sind nur angerissen oder vereinfacht... (p.88)

Havel schreibt, daß für ihn “eine der Aufgaben, die ich meinem langen Gefängnisaufenthalt geben will, eine Art ‘Selbstkonsolidierung’ ist.” (p.26) Eine (wenn nicht die wichtigste) Möglichkeit dazu war dabei das Schreiben der Briefe, deren Schwerpunkt neben Alltagsbelangen bzw. Erlebnissen im Gefängnis eben jene existenzphilosophischen Bemerkungen sind, um die es in dieser Arbeit gehen wird. Havel führt folgende Gründe für das Briefeschreiben an:

1. vor allem vergegenwärtige ich mir dabei das Zuhause, Dich, meine Nächsten und überhaupt unsere Welt; 2. es ist für mich hier die einzige Gelegenheit, etwas zu schreiben...; 3. es ist für mich die einzige Gelegenheit zu leidlicher intellektueller Selbstverwirklichung; 4. manches wird mir beim Schreiben selber klar; 5. es ist meine einzige Kommunikation mit Dir und unserer Welt (p.61)

 

0.3 Bemerkungen Havels zu Havels Bemerkungen

Wenn ich schon, wie in Abschnitt 0.1 gesagt, keine Absicht habe, die hier “systematisierte” Existenzphilosophie Havels in größere Bezüge welcher Art auch immer zu stellen, so möchte ich doch an dieser Stelle einige Metaaussagen Havels zitieren, die dieser über Entstehungsgeschichte, Bedeutung und Gültigkeit seiner Betrachtungen in den Briefen an Olga gemacht hat.

Havel stellt zunächst explizit den Bezug zu seiner Situation im Gefängnis her:

Daß ich darauf [auf die Frage der Verantwortung und der menschlichen Identität, K.Z.] gerade hier und jetzt zurückkomme, hat seine natürlichen Ursachen; bin ich doch aus meiner Welt, meinem Zuhause, der mütterlichen Umgebung herausgerissen, die irgendwie “von selbst” allem, was ich tat, Sinn verliehen. Da dieser Hintergrund für mich jetzt verborgen und entfernt ist, wird ganz logisch die Frage aktuell, die früher nicht einmal eine Frage war, denn mein “Sich-Beziehen” auf diese “verborgene” Welt bzw. meine Verantwortung für sie, gerade weil sie verborgen ist, beginnt aus dem Unbewußten ins Bewußtsein als dessen lebendiges und dauernd gegenwärtiges Thema hervorzutreten. (p.73)

Als Einflüsse erwähnt Havel die philosophischen Strömungen des Existentialismus und der Phänomenologie, die zu dem gehören, “was mich seit früher Jugend an der philosophischen Literatur am meisten gereizt und angezogen hat.” (p.70)

Havel erwähnt an verschiedenen Stellen Denker, deren Ansichten ihm in gewisser Hinsicht nahestehen, so etwa Kant, Hegel, Husserl, Heidegger, Camus, Sartre und Fromm. Er ist aber kein “Anhänger” irgendeiner Strömung der Philosophie oder eines bestimmten Philosophen, vielmehr ist er “Anhänger eines gewissen ‘Parallelismus’ oder ‘Pluralismus’ in der Erkenntnis; Widersprüche unterschiedlicher gedanklicher Systeme quälen mich überhaupt nicht.” (p.136)

Gegenüber der (allgemeinen) Gültigkeit und der Systemhaftigkeit seiner philosophischen Betrachtungen ist Havel sehr skeptisch (bzw. bescheiden) eingestellt, wie die drei folgenden Zitate belegen:

...habe ich über die “Gültigkeit” meiner brieflichen Betrachtungen nachgedacht und mir gesagt, sie “gelten” nur für die Zeit, in der sie gelesen werden. Wenn sie jemandem für einen Abend die Gedanken aufwühlen - wenn sie also ein sinnvolles Treffen zweier Beteiligter, d.h. des Autors und des Lesers vermitteln -, erfüllen sie in höchstem Maße ihre Aufgabe (p.277)

Du darfst diese und ähnliche Betrachtungen nicht allzu wörtlich nehmen; es sind nur Versuche, etwas aus dem Strom meiner Gefühle und inneren Erwägungen zu erfassen. Einmal beschreibe ich das mit diesen Formulierungen, ein anderes Mal kann ich das mit ganz anderen tun. Ich bin kein Philosoph, und es ist nicht mein Ehrgeiz, ein begrifflich verpflichtendes System aufzubauen; wer das so auffaßte, würde leicht bemerken, daß ich mir fast immer widerspreche, daß eine Menge von Dingen nicht erklärt ist oder jedesmal anders erklärt wird. (p.95)

...weder habe ich mir eine ganzheitliche “Weltanschauung” geschaffen noch von irgendwoher angenommen, um so weniger irgendein komplettes philosophisches, ideologisches oder anderes Anschauungssystem, mit dem ich mich nun ohne weiters auf Dauer identifizierte und das mir auf alle Fragen Antworten gäbe. Ich habe das nicht aus irgendeiner Gleichgültigkeit heraus getan und auch nicht umgekehrt aus irgendeinem krampfhaften Bestreben heraus, um jeden Preis außerhalb aller Strömungen zu sein, sondern einfach, weil sich seit je ziemlich tief in mir etwas gegen ein solches Vorgehen aufgelehnt hat, weil ich dazu irgendwie innerlich nicht fähig bin. (p.135)

Man könnte angesichts dessen berechtigterweise die Frage stellen, ob denn nicht diese Arbeit genau das tut, was Havel nicht anstrebt und auch nicht anstreben möchte. Dazu ist erstens zu sagen, daß diese Darstellung der Havelschen Existenzphilosophie zwar einerseits die in den “Briefen an Olga” verstreuten Gedanken und Betrachtungen in eine möglichst geordnete, systematische und nachvollziehbare Form bringen, andererseits aber gerade kein statisches, starres oder gar dogmatisches System vorstellen soll, das “so ist, wie es ist” und das - mir scheint besonders dieser Punkt unverrückbar wichtig! - sich irgendjemandem als “Welterklärung” aufdrängen will; gerade dies nämlich erschiene mir überhaupt nicht im Sinn von V.Havel. Zweitens ist da noch die persönliche Motivation für die Arbeit: Selbst wenn deren Systematisierungsansatz nicht nur Havels Gefühl, sondern sogar seinen prinzipiellen philosophischen Überlegungen zuwiderlaufen würde - was ich nicht glaube -, selbst dann hätte ich diese Arbeit geschrieben, weil sie mich als Aufgabe fasziniert hat. Sie müßte dann allerdings gewissermaßen als Paradoxon angesehen werden: als Systematisierung von Gedanken, die unter anderem deren prinzipielle Unsystematisierbarkeit zum Inhalt haben. Aber auch vor einem solchen Paradoxon fürchte ich mich keineswegs. (Wie wir sehen werden, treten auch innerhalb der Havelschen Philosophie etliche Paradoxa auf.)

 


1. Die zweifache Geworfenheit des Menschen in Sein und Welt

Für Havel ist eine entscheidende Dimension des Menschseins der Zustand des Getrenntseins. Im Unterschied zu den Tieren ist der Mensch nicht mehr "spontan im 'Sein überhaupt'" (p.253), sondern ist ein Subjekt, besitzt ein Ich und ein Bewußtsein seiner selbst und der Welt. Schließlich sind auch die Begriffe Freiheit und Verantwortung ausschließlich und untrennbar mit dem Menschen verbunden (s. Abschnitt 2).

Nicht mehr geschützt von spontaner Teilnahme am Sein, von unserem freien Geist aus seiner Ordnung ausgeklammert und nicht geborgen in "ungetrennter" Partizipation an ihm, sind wir dem ausgesetzt, zu dem sich für uns das Sein durch unser Getrenntsein verwandelt hat, der Welt des Seienden... wir sind in die Ungewißheit der Welt geworfen. (pp.253/254)

Die Beziehung zwischen Mensch und Sein ist ein Paradoxon: Der Mensch ist vom Sein getrennt und doch gleichzeitig mit ihm verbunden. Daraus resultiert auch seine doppelte Entfremdung: Der Mensch ist dem Sein entfremdet (weil von ihm getrennt), aber auch der Welt entfremdet (weil immer mit dem Sein verbunden). Er ist in die Welt geworfen, gleichzeitig aber auch in den Ursprung im Sein. Diese zweifache Geworfenheit macht die Spannung des menschlichen Daseins aus, kann grundlegend für Hoffung, aber auch für Resignation sein (s. Abschnitt 6).

Er [der Mensch] als einziger erfährt bzw. konstituiert durch seine Erfahrung die Welt als das, in das er geworfen ist und in dem dazusein er verurteilt ist; als einziger aber weiß er zugleich von sich, daß er in dem Verfallen an dieses Dasein unwiederbringlich sich selbst verliert; einzig er ist imstande, wach das Sein als den echten Hintergrund alles Seienden zu erfahren; einzig er ist jedoch gleichzeitig schicksalhaft außerhalb dieses Seins und dazu verurteilt, nie völlig in ihm zu sein. (p.309)

...der Mensch ist eigentlich - wie Christus an das Kreuz - an den Schnittpunkt zweier Paradoxe angeschlagen: ausgestreckt zwischen der Horizontalen der Welt und der Vertikalen des Seins, mitgerissen von der Hoffnungslosigkeit des Da-Seins auf der einen und der Unerreichbarkeit des Absoluten auf der anderen Seite, balanciert er zwischen der Qual der Unbekanntheit seiner Sendung und der Freude an ihrer Erfüllung, zwischen dem Nichts und dem Sinnvollen. (p.310)

Die beiden Geworfenheiten in Welt und Sein sind nach Havel aber "nicht zwei selbständige und voneinander unabhängige Größen, sondern nur zwei Dimensionen desselben Geschehens, nämlich des Aktes der 'Trennung'." (p.259) Also:

Im Auseinanderfallen des Seins in das sich konstituierende “Ich” und das es umgebende “Nicht-Ich” (d.h. die Welt) entsteht also sowohl die Erfahrung der Welt, ihrer Fremdheit und die Geworfenheit in sie als auch die Erfahrung des Herausgerissenseins aus dem Sein und der Geworfenheit in das “Sehnen” danach. (p.259)

Havel spricht davon, daß sich das “Ich” quasi auf der durch diese zwei Geworfenheiten in Sein und Welt geschaffenen “Bühne” konstituiert (p.259).

Havel beschreibt drei Paradoxa dieser Geworfenheiten (pp.259/260):

1. Es besteht eine Spannung zwischen der Nichtkonstituiertheit und der Konstituiertheit des “Ich”: die Geworfenheit geht einerseits dem “Ich” voran, umgekehrt aber ebenso das “Ich” der Geworfenheit: es “muß etwas sein, das geworfen wird”. (p.259)

2. Die Spannung zwischen Existenz bzw. Geworfenheit des “Ich” und der durch Reflexion und Selbstreflexion vermittelten Distanz; also die “Tatsache, daß das ‘Ich’ ist und gleichzeitig weiß, daß es ist.” (p.260)

3. Das dritte Paradoxon besteht darin, daß sich das “Ich” einerseits mit dem Sein bzw. der Welt restlos identifizieren will, andererseits aber gerade diese völlige Identifikation wegen der Getrenntheit “schicksalhaft unerreichbar” ist:

Völlig zu verschmelzen würde nämlich bedeuten, das “Getrenntsein” völlig aufzuheben und also auch das “Ich” und damit auch die Welt selbst... Das “Ich” ist auch der Horizont des “Ich”... (p.260)

Havel beschreibt nun eine Art “historische Ordnung” von drei Äußerungen dieser drei beschriebenen Paradoxa, bezogen auf die Geworfenheit in den Ursprung im Sein (pp.260ff.; die Bezeichnung “historische Ordnung” ist nach Havel nur “hilfsweise” zu verstehen (p.260)):

1. Am Beginn steht die spontane, unreflektierte “Verantwortung für alles”. Havel spricht von einem “Ur-Ich” bzw. “Vor-Ich”, “das sich unermeßlich danach sehnt, in allem, und für alles zu sein und inmitten von allem und alles zu sein, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen und Folgen für das Dasein in der Welt.” (p.261)

2. Geist, Reflexion und Bewußtsein sind Dimensionen des “Ich”, die “ein weiterer Aspekt der Anstrengungen des Subjekts [sind], die Fülle des Seins wieder zu ‘haben’.” (p.263) “Auf dem Sein beruhen wir... ‘ein wenig’, zugleich sind wir ‘ein wenig’ außerhalb, und unser Geist ist eigentlich eine Art Brücke, die dieses ‘Außerhalb’ überwölben will.” (p.263) Der Geist bemüht sich, alle Horizonte zu übersteigen und zerstört so auch den Horizont seiner selbst - er reflektiert seine Reflexion. Erst der Geist bzw. das Bewußtsein ist Voraussetzung für die Freiheit des “Ich” und (damit) auch dessen wahrer Verantwortung. (Havel spricht von “Verantwortung für die Verantwortung” (p.264)).

3. Im Zusammenhang mit dem dritten oben angesprochenen Paradoxon (Verschmelzung vs. Unmöglichkeit der Verschmelzung) führt Havel die Erfahrung der “Stimme des Seins” in der Welt (im “Nicht-Ich”) an; es ist dies quasi ein Brückenschlag des Seins im “Ich” und des Seins in der Welt:

nicht nur, als ob wir des Seins wegen hier wären, sondern auch das Sein unseretwegen. (p.266)

Es geht um die Erfahrung des Sinnvollen, wobei diese auch das Bewußtsein von Vergeblichkeit enthält:

Diese Erfahrung enthüllt uns, daß die vorbehaltlose Identifizierung, der totale Einblick, das vollständige Glück, das Ende des “Ich” sind, der Tod. (p.266)

Ebenso, wie die Bühne der Selbstkonstituierung des “Ich” in drei Äußerungen vor dem Hintergrund der “Geworfenheit in den Ursprung im Sein” beschrieben wird, zeichnet Havel ein analoges Geschehen vom Standpunkt der “Geworfenheit in die Welt” aus (pp.268ff.):

1. Der “historisch älteste” Zustand des “Ich” ist die Erfahrung der Fremdheit der Welt; das “Vor-Ich”, das noch nicht reflektiert, erfährt Angst, Ohnmacht, Ausgesetztheit und Verlorenheit in der Welt:

das Paradox des “Ich”, das zwar schon getrennt ist, diese Getrenntheit aber noch nicht voll verstanden, bewertet und angenommen hat, überträgt sich in seine eigenartig zweideutige und höchst labile Beziehung zu seinen eigenen Geworfenheiten - herrlich und rührend fühlt es sich als “alles” und für alles vorbehaltlos verantwortlich. Zugleich ist es jedoch dauernd erschüttert und bis zur Hoffnungslosigkeit schockiert von dem permanenten und unbegreiflichen Zusammenbrechen seines Traums, wobei es in demselben Maß, in dem es dazu neigt, sofort, auf einmal und ganz die Aufgabe auf sich zu nehmen, der Welt ihr “gutes Ende” zu geben oder selbst dieses “gute Ende” zu sein, die Neigung hat, jederzeit vor der Welt auf die Knie zu fallen und sich in totale Verzweiflung zu verwandeln, weil “nichts geht”. (p.269)

Das “Vor-Ich” hat noch keinen Sinn für Kontinuität entwickelt und somit auch nicht die Voraussetzung für wahre Verantwortung und Identität. Ihm fehlt insbesondere, aufgrund seiner fehlenden Reflexion der Getrenntheit, die Erfahrung des absoluten Horizontes als Bezugspunkt seiner Verantwortung.

2. Mit der Reflexion und dem Bewußtsein von der Getrenntheit beginnt das Subjekt, zur “Existenz” zu werden, es ist “in der Welt”, es ist orientiert auf das Dasein in der Welt. Und:

an das Sein, nach dem es sich sehnt..., kann sich das “Ich” nur annähern in seinem Sein in der Welt. (p.271)

Die Existenz ist also eine Art dauernden Balancierens zwischen der Unerreichbarkeit des Seins und dem Verfallen ans Dasein, das dauernde Suchen dessen, was vollständig nie zu finden ist: eine Art und Weise, am besten allen Ansprüchen des Daseins gerecht zu werden und gleichzeitig ihm nie zu verfallen. (pp.271/272)

Denn das Verfallen an das Dasein, das ist eigentlich das Verfallen an das “Nicht-Ich”. Indem der Mensch auf die transzendentale Dimension seines “Ich” verzichtet, verzichtet er auf sein paradoxes Wesen selbst. (p.272)

Der Mensch ist permanent in Gefahr, sich in Zwecken und Dingen aufzulösen, sich der Welt zu bemächtigen und schließlich zum “Gefangenen seiner eigenen ‘Daseinsprojekte’” (p.272) zu werden. Dadurch aber wird er unfrei, verliert seine Kontinuität und Identität. Es liegt in der Verantwortung des Menschen, entweder dem Dasein zu verfallen und sich seinem Wesen zu entfremden oder aber “die Welt auf Dauer als leicht geöffnete Tür zum Sein anzunehmen” (p.273) und auf diese Weise zu einem dauernden und ständig sich vertiefenden Kontakt mit dem Sein zu gelangen.

3. Mit der Orientierung des Menschen auf das Sein entsteht die Frage nach dem Sinn - nach dem Horizont des Seienden, aber auch nach sich selbst (vgl. dazu Abschnitt 5). Die Antwort auf die existentielle Erfahrung der Frage nach dem Sinn ist “wiederum Erfahrung - die Erfahrung des Sinnvollen als freudiges Ereignis der Einheit der Stimme des Seins in uns und der Stimme des Seins in der Welt.” (p.274) Havel bezeichnet den Menschen als das “‘fragende Sein’, bzw. das Sein, das nach sich selbst fragt, bzw. [als denjenigen], durch den das Sein nach sich selbst fragt.” (p.167)

 

2. Verantwortung und Identität des Menschen

Das Thema menschliche Verantwortung und menschliche Identität ist ein ganz zentrales im (philosophischen) Denken V.Havels; es ist wahrscheinlich sogar das zentrale Thema schlechthin, weil es in fast allen Zusammenhängen in Erscheinung tritt.

Unmittelbar im Zusammenhang mit dem Thema der Identität und Kontinuität des Subjekts - ein Thema, von dem Havel selbst die Wichtigkeit in seinem dramatischen Schaffen betont - steht der Begriff der “menschlichen Verantwortung, die mir immer deutlicher als jener grundlegende feste Punkt zu erscheinen begann, aus dem jegliche Identität erwächst und mit dem sie steht und fällt; als ihre Grundlage, Wurzel, ihr Schwerpunkt, Bauprinzip oder ihre Achse; als so etwas wie ihre ‘Idee’, die ihr Maß und ihre Art bestimmt; als eine Art Kitt, der sie zusammenhält und mit dessen Austrocknen auch sie unaufhaltsam zu bröseln und sich aufzulösen beginnt... der Gesichtspunkt, der es ermöglicht, die vielfältigen Fragen der menschlichen Existenz zu erfassen, ist für mich das Maß und die Art der menschlichen Identität. Der Schlüssel zum Problem der menschlichen Identität ist für mich dann das Problem der menschlichen Verantwortung.” (p.92)

Welcher Art ist nun diese Verantwortung? Sie ist nicht eine Beziehung zwischen relativen Entitäten, sondern “die Beziehung der Relativität zur ‘Nicht-Relativität’, ... die Beziehung der Endlichkeit zur ‘Nicht-Endlichkeit’, der einzelnen Existenz zur Totalität des Seins.” (p.93)

Es geht dabei darum, daß der Mensch seine Relativität als Relativität in bezug zum sogenannten “absoluten Horizont” erfährt: dieser ist “‘die letzte Instanz’, die hinter und über allem ist, die allem den Rahmen, den Maßstab und Hintergrund gibt und die im letzten alles Relative begrenzt und definiert.” (p.94; s. Abschnitt 3)

Havel schreibt über die entscheidende Rolle, die die Verantwortung für die Definition des Menschen als Menschen spielt:

...als die Fähigkeit oder Entschlossenheit oder anerkannte Pflicht des Menschen, unter allen Umständen, ein für alle Mal und total für sich einzustehen (also als einzige echte Schöpferin der Freiheit), ist die menschliche Verantwortung genau das, worin erst im Hinblick auf das Universum der Mensch sich als Mensch definiert, also als jenes Wunders des Seins, das er ist. Auf der einen Seite begrenzt er erst damit seine Abhängigkeit von der Welt und gibt ihr Sinn, auf der anderen Seite jedoch grenzt er sich - gerade dadurch - selbst definitiv in seiner Souveränität und Unabhängigkeit von der Welt ab; erst dadurch stellt er sich auf die eigenen Beine. (p.94)

An anderer Stelle erläutert Havel genauer, was er unter menschlicher Verantwortung versteht; wieder werden hier die Bezüge zur Kontinuität und Identität deutlich:

Verantwortung heißt, daß wir für uns selber garantieren, und zwar auch in der weiteren Perspektive “dessen, was jeder tun sollte”; daß wir für uns in der Zeit garantieren, wir wissen, was und warum wir etwas wann getan haben, was und warum wir etwas tun und was wir entschlossen sind zu tun. Hinter dem allen stehen wir und sind entschlossen, unsere Haltung jederzeit und allerorts zu verteidigen oder existentiell zu bezeugen. (Deshalb ist auch die Verantwortung der Hauptschlüssel zur menschlichen Identität.) Wem aber sind wir verantwortlich? Ich weiß nicht, “wem”, aber in der letzten Instanz sicherlich keinem der flüchtigen Dinge dieser Welt. ... ich [bin] überzeugt, daß die erste Quelle oder besser: der letzte Grund jeder Verantwortung die Annahme des letzten Horizonts ist. (pp.174/175)

Die Verantwortung für das Du, den anderen, für den Mitmenschen ist eine “aktualisierte Verantwortung ‘für alles’; als geweckte Teilnahme am Sein bzw. die Identifizierung mit dem, was wir nicht sind und was uns nicht betrifft...” (p.258) Für Havel ist die vorbehaltlose Verantwortung (noch vor aller Reflexion und Bewußtheit, s. Abschnitt 1) “eine der Äußerungen der Erinnerung des getrennten Seins an das lang vergangene Sein im Sein, an seine vorsubjektive Verbundenheit mit dem All, an seinen wesenhaften Zwang, das Gefangensein in sich selbst aufzulösen.” (p.257) An anderer Stelle schreibt er:

... unser “Ich” - soweit es ihm noch nicht gelungen ist, seine Orientierung auf das Sein völlig zu unterdrücken und vollständig im Dasein aufzugeben - ist ausschlließlich deshalb verantwortlich, weil es sich wesenhaft auf das Sein als auf das bezieht, in dem es den einzigen Zusammenhang fühlt, den Sinn und eine Art unausweichlich existierender “Erklärung” alles Seienden, weil es mit seinem ganzen Wesen sich darauf bezieht und sich zu ihm ausspannt, weil es in sich und um sich herum jene “Stimme” hört, mit der ihn dieses Sein anspricht und es ruft, weil es in dieser Stimme das Rufen seines Ursprungs und seines Zieles erkennt, seiner echten Zugehörigkeit und echten Verantwortung, und weil es diese Stimme ernster nimmt als irgend etwas anderes... (p.281)

Verantwortung heißt also, für das, was man tut (oder unterläßt) einzustehen, einschließlich auch für sein eigenes Versagen:

die volle Verantwortung für eigenes Versagen auf sich zu nehmen ist vom Standpunkt der “Daseinsinteressen” ungewöhnlich schwer, vielfach fast unerträglich und unmöglich.... Auf diese volle Verantwortung für sich selbst zu verzichten, von seiner Integrität und Souveränität Abstriche zu machen, die Herrschaft seines “Ichs” über die verschiedenen Bereiche seiner Taten (einschließlich derer, die zum Beispiel den “Trieben” zugerechnet werden - dieser weiteren alibistischen Lokalisierung des “Ich” im “Nicht-Ich”) nicht zu erweitern und zu stärken, sondern im Gegenteil zu verweigern und zu schwächen, bedeutet letztendlich eines: sich vom Sein abzuwenden, auf seine rätselhafte Verbundenheit - in Ursprung und Ziel - zu verzichten und in Splitter isolierter, in sich abgeschlossener und jeder Transzendenz entbehrender “Daseinsereignisse” auseinanderzufallen; bedeutet sich angeblich das Leben zu erleichtern - aber um den Preis des Verlustes seiner selbst. ... Es gibt keine Erfahrung, die intensiver als die Erfahrung des eigenen Versagens dem Menschen ermöglicht - wenn es ihm gelingt, ganz und ohne Ausflüchte sich ihr zu öffnen -, seine Verantwortung als Verantwortung für sich selbst zu begreifen. (p.286)

Der Mensch “erlangt” oder “besitzt” nun nicht einfach seine Identität, sondern definiert sie täglich in seinem Handeln und in seinen verantwortungsbewußten Entscheidungen:

meine Identität [ist das], was ich tagtäglich suche, tue, wähle und definiere; ... sie [ist] kein Weg ..., den ich mir einmal gewählt habe und auf dem ich dann nur so entlanggehe, sondern ... ein Weg ..., den ich mit jedem Schritt neu bahne, wobei jeder Fehltritt oder jedes Abkommen, vielleicht nur von nachlässiger Orientierung im Gelände verschuldet, sein unauslöschlicher Bestandteil bleibt und deren Wiedergutmachung immer viel mühevoller Anstrengung bedarf. (p.290)

Verantworten ist auch ein Antworten, und zwar auf die grundlegende Frage des Menschen, “ob er ‘sein oder nicht sein’ soll. Wenn uns die Fähigkeit zu dieser Frage zu Menschen macht, wenn sie also unsere menschliche Existenz begründet, dann begründet die Art und Weise, wie wir darauf antworten, unsere menschliche Identität -  sie deutet an, wer wir sind...” (p.154)

Die menschliche Entschlossenheit zu leben, verstanden als Antwort auf diese Hamletsche Frage des “Sein oder Nicht-Sein”, wirft die weitere Frage auf, was denn “konkret” dem Menschen den “Sinn des Lebens” gibt (vgl. Abschnitt 5). Havel meint, daß alles Konkrete in diesem Zusammenhang keine Rolle spielt, es geht vielmehr darum, “nachzuforschen, warum und wie ihn [den Menschen] diese [konkreten] ‘Objekte’ dem Leben zuwenden und warum und wie sie im Gegensatz dazu versagen. Es scheint, keines von ihnen - vom guten Essen etwas bis zum Dienst an der Wahrheit - garantiert an und für sich überhaupt etwas; alles Beliebige kann dem Menschen gleich gut den Sinn des Lebens geben oder nehmen; alles Beliebige (oder fast alles) kann den Menschen über seine Gegründetheit als Lebewesen erheben oder ihn auf sie zurückwerfen. Aus fast allem Beliebigen kann man genausogut Hoffnung schöpfen wie Hoffungslosigkeit, Grund zum Leben und Grund zum Tod...” (p.154)

 

3. Der “absolute Horizont” oder das “Sein”

Bereits in den vergangenen Abschnitten war schon gelegentlich vom absoluten Horizont die Rede, der in Havels Philosophie eine Art metaphysischer Hintergrund bzw. Orientierungspunkt für den Menschen ist.

Es ist hier anzumerken, daß Havel sich an mehreren Stellen (p.59, p.208, p.280) dagegen wehrt, den (christlichen) Begriff “Gott” dafür zu verwenden, obwohl er zugibt, daß gewisse Übereinstimmungen mit dem christlichen Gottesbegriff bestehen. Die Schwierigkeiten damit bzw. die Gründe für Havels eigenständige Sprache schildert er folgendermaßen:

mir fehlt das mystische Erlebnis der tatsächlichen Ansprache oder Offenbarung, also der äußerst wichtige “letzte Tropfen”. Sicherlich könnte ich mein “irgend etwas” oder den “absoluten Horizont” einfach durch das Wort “Gott” ersetzen, jedoch scheint mir das nicht seriös zu sein. Ich versuche, so genau wie möglich die Sache so zu beschreiben, wie sie sich mir darstellt und wie ich sie fühle, also keine Gewißheiten dort vorzutäuschen, wo sie nicht sind. Die Nähe zu christlichem Fühlen gestehe ich ein... doch muß man in diesen Dingen sehr vorsichtig sein und die Worte wohl abwägen. (p.208)

Für Havel ist der absolute Horizont der letzte, verborgenste und andauerndste Horizont des mehrschichtigen Horizonts des Menschen (pp.73ff.):

1. Zunächst ist der Mensch in eine Umgebung “geworfen”, die seinen physischen Horizont darstellt.

2. Dahinter verborgen ist der Horizont des “wirklichen Zuhause” des Menschen. Dieser (zweite) Horizont ist unsichtbar, aber sehr konkret, er ist der Lebenshorizont, der das Sich-Beziehen auf den physischen Horizont bestimmt und sinnvoll macht.

3. Der “dritte” Horizont ist nun schließlich jener “absolute Horizont”, “Horizont an sich”, dessen Inhalt im folgenden anhand einiger Bezüge zu anderen Themen verdeutlicht werden soll.

Zunächst ist wichtig zu betonen, daß der absolute Horizont gleichzeitig etwas sehr Konkretes ist - der Mensch erlebt ihn nämlich durch seine konkrete Erfahrung in der Welt. Die menschliche Existenz bezieht sich andauernd auf den Horizont der Unvergänglichkeit, vermittelt durch die konkreten Erscheinungsformen der Dinge, Lebewesen und Ereignisse in der Welt (p.94).

Der absolute Horizont gibt dem Menschen Sinn, er ist “Quelle einer sehr lebendigen Kraft” (p.100).

Schließlich ist auch die menschliche Verantwortung ohne Bezug zum absoluten Horizont undenkbar (s. auch Abschnitt 2):

unsere Verantwortung, also das, was uns überhaupt erst zu Menschen macht, ist auch - und vor allem - undenkbar ohne die Voraussetzung eines festen Hintergrundes, auf den sie sich bezieht und der sie definiert. (p.172)

Der absolute Horizont ist weiters auch als “Quell der Menschlichkeit und als Appell” vorhanden, im Sinne des Kantschen “kategorischen Imperativs”, allerdings als konkretere, existentiellere Erfahrung (p.175).

Beim absoluten Horizont geht es vor allem um einen “sittlichen [Hintergrund], der Maßstäbe, Erwartungen, die Annahme einer ‘absoluten Gerechtigkeit’, das absolut Sinnvolle einschließt.” (p.175)

Er ist auch Bezugspunkt und Richtschnur für alles menschliche Handeln und Tun:

Das verborgene Rückgrat und die tiefste Quelle alles Sinnvollen im Leben ist also immer - ob wir uns das bewußtmachen oder nicht - diese Verankerung im Absoluten. Deshalb sage ich, der absolute Horizont ist unsere Meta-Erfahrung: er ist die auf dem Grund aller Erfahrung verborgene Erfahrung. (p.183)

In Havels Sprache sind “Sein” und “absoluter Horizont” dasselbe; im folgenden, wenn vom “Sein” die Rede ist, kann man also genausogut und synonym den Ausdruck “absoluter Horizont” verwenden.

Havel betont, daß das Sein vieldimensional ist, es ist nicht auf eine bestimmte Betrachtungsweise einzugrenzen:

das Sein hat viele Gesichter, es zeigt uns immer das, für das wir selbst irgendwie offen sind, jegliche Verabsolutierung einer Betrachtungsebene, einer Perspektive, eines “Gesichtes” führt gesetzmäßig auf Abwege. Überhaupt scheint mir der beste Gedanke der zu sein, der immer eine bestimmte Lücke für die Möglichkeit läßt, daß alles zugleich ganz anders ist. (p.238)

In einer “Sphäre unserer inneren Erfahrung” kann das Sein “deutlich persönliche Züge”, ein “persönliches Gesicht” gewinnen (pp.280/281). Dies ist ein

Jemand, der “alles weiß”..., überall ist... und sich alles merkt; der zwar unendlich verständnisvoll ist, aber zugleich völlig unbestechlich; der für mich höchste und einfach eindeutige Autorität in sittlichen Fragen ist und also das Gesetz selbst; jemand, der ewig ist, der durch sich auch mich ewig macht, sodaß ich mich nicht auf den Eintritt des Augenblicks verlassen kann, in dem alles zu Ende geht und also auch meine Abhängigkeit von ihm; jemand, auf den ich mich ganz beziehe und für den ich im letzten alles täte. (p.280)

Wir kommen nun zu einem wichtigen Punkt, nämlich der Frage nach dem Woher dieser persönlichen Stimme des Seins:

Es ist... überhaupt nicht so, daß es zwei voneinander getrennte und entfernte Welten gäbe, die irdische Welt des irrenden Menschen, an der nicht viel liegt, und die himmlische Welt Gottes, um die es einzig geht. Ganz im Gegenteil: das Sein ist das einzige, es ist überall und hinter allem, es ist das Sein von allem, und es gibt keinen Weg zu ihm als den, der durch diese Welt und dieses mein “Ich” führt. Die “Stimme des Seins” kommt nicht von “anderswoher” (d.h. aus irgendwelchen transzendentalen Himmeln), sondern ausschließlich “von hier”... (p.289)

 

4. Seinsordnung und Seinsgedächtnis

Havel spricht von vier Ordnungen (pp.132ff.):

(1) Seinsordnung ( = Ordnung des Seins)

(2) Ordnung des Lebens

(3) Ordnung des Todes

(4) Ordnung der Dinge

Die Seinsordnung (1) ist hinter allen Erscheinungen der Welt;

ihr Wesen und Sinn sind verhüllt vom Geheimnis; diese Ordnung ist rätselhaft wie die Sphinx, spricht uns immer anders an und immer wohl auf eine Weise, der wir selbst geöffnet sind, auf die wir einfach hören. (p.132)

Die Seinsordnung hat viele Gesichter, sie kann aus vielen Perspektiven betrachtet werden, auf vielen unterschiedlichen Ebenen erfahren werden, und es liegt nicht in den Möglichkeiten der “Ordnung des Geistes”, sie irgendwie im ganzen zu erfassen - also eigentlich ihr Geheimnis zu enthüllen. (p.136)

Hier wurde bereits die “Ordnung des Geistes” erwähnt, die für Havel (mehr oder weniger) identisch ist mit der Ordnung des Lebens (2), des menschlichen Werks bzw. der menschlichen Existenz überhaupt. Hier hinein gehören “unzählige bemerkenswerte geistige (mystische, religiöse, wissenschaftliche) und sittliche Systeme und jene besondere Art und Weise, in der die Seinsordnung die Mythologie (früher) und künstlerische Werke (heute, d.h. in historischer Zeit) neu bildet und zugleich auf ihre Weise sinnvoll macht; kurz das, wodurch der Mensch zum Menschen wird im besten Sinn des Wortes...” (p.132)

Die Ordnung des Lebens wird von Havel als “legitimer Abkömmling der Seinsordnung” bezeichnet, weil sie aus dem “unzerstörbaren Glauben an ihren Sinn erwächst.” (p.133)

Zugleich ist “jede geistige Tat ein integraler Bestandteil der Ordnung des Geistes”, diese ist in jeder geistigen Tat gegenwärtig, “wie im Strudel der ganze Fluß gegenwärtig ist” und schließlich verändert auch “jede derartige Tat die Ordnung des Geistes unwiderruflich..., so wie ein Strudel, sei er auch nach einer Minute völlig verschwunden, unwiderruflich den Fluß verändert hat.” (p.212)

Im Gegensatz dazu steht die Ordnung des Todes (3) als ein “‘illegitimer Abkömmling der Seinsordnung’, hervorgegangen aus der Gleichgültigkeit gegenüber der Frage ihres Sinns und der haßvollen Angst vor ihrem Geheimnis.” (p.133)

Havel bezeichnet die Ordnung des Todes auch als “Denkmal des Nichtsinns”, als “materialisiertes Nichts”, in der der Mensch als eine “kybernetische Einheit ohne freien Willen, eigenen Verstand und einzigartiges Leben” aufgefaßt wird (p.133).

Die Ordnung der Dinge (4) schließlich ist nach Havel “jenes ‘chaotische Alles’, das Leben heißt,” ein “System des Geschehens, in das der Mensch verantwortungsvoll und verantwortungslos eintreten kann, um das Beste in sich zu erfüllen oder um das Schlechteste zu realisieren.” (p.133)

Vielleicht könnte man, im Sinne der vorangegangenen Abschnitte, diese vier Ordnungen grob so charakterisieren: Die Seinsordnung und die Ordnung der Dinge entsprechen in bestimmter Weise dem absoluten Horizont und der Welt, also jenen Entitäten, in die der Mensch geworfen ist und die den Hintergrund und den Rahmen seiner Existenz ausmachen. Die Ordnung des Lebens und die Ordnung des Todes sind hingegen quasi nicht Voraussetzung, sondern Resultat menschlichen Handelns: handelt der Mensch verantwortungsvoll in bezug auf das Sein, den absoluten Horizont, der ihm vermittelst der Welt entgegentritt, “dient” er der Ordnung des Lebens, andernfalls verfällt er der Ordnung des Todes.-

Als besonderen Teil der Seinsordnung (bzw. des absoluten Horizontes) sieht Havel das sogenannte “Seinsgedächtnis” an. Hier ist alles, was geschehen ist, “gespeichert”; nichts, was geschehen ist, kann daher ungeschehen gemacht werden (p.87). Insbesondere kann eine menschliche Persönlichkeit, die einmal gewesen ist, durch nichts aus der Seinsgeschichte bzw. dem Seinsgedächtnis ausradiert werden (p.87). An anderer Stelle bezeichnet Havel das Seinsgedächtnis als “(eine Art) registratorische Seite des ‘absoluten Horizonts.’” (p.173)

Nicht nur die Seinsordnung hat ihr Gedächtnis, sondern auch die Ordnung des Geistes; da es hier um menschliches Denken und Handeln geht, ist es so, daß “jede geistige Tat, die einmal geschehen ist und nicht ungeschehen gemacht werden kann, eigentlich zweimal nicht ungeschehen gemacht werden kann: einmal ist sie ‘eingetragen’ im Seinsgedächtnis wie alles, was je geschehen ist, und zum zweiten ist sie dann auch noch im Gedächtnis des Geistes.” (pp.210/211)

 

5. Der Sinn des Lebens und die Suche danach

Nicht nur das Getrenntsein, nicht nur die Verantwortung, sondern auch die Frage nach dem Sinn des Lebens sind für Havel ganz entscheidende Dimensionen des Mensch-Seins, der Mensch ist das “getrennte” und das “fragende” Sein.

Die Frage nach dem Sinn des Lebens stellt sich vor allem dann, wenn das Nichtvorhandensein von Sinnvollem bzw. Beglückendem deutlich, d.h. existentiell erlebt wird:

Mir scheint, das Leben der Menschen ist irgendwie in einzelne Freuden des Lebens zerstückelt. Und es sind gerade diese einzelnen Freuden, die in ihnen eine Art elementares und im Grunde unreflektiertes Gefühl sinnvollen Lebens hervorrufen bzw. sicherstellen, so daß sie die Frage nach dem Sinn des Lebens als Frage überhaupt nicht fühlen und sich selbst nicht stellen. Die erste oder häufigste Gelegenheit, wo diese äußerst wichtige Frage gestellt wird, wird meiner Meinung nach gerade durch jenen Augenblick bewirkt, wenn der Mensch zum erstenmal existentiell das Phänomen jener “Lücke” erfährt oder erlebt, d.h. einer Art Schlucht, durch die die einzelnen Freuden des Lebens voneinander getrennt sind. (pp.158/159)

Solange der Mensch lebt, antwortet er auf die Frage nach dem Sinn des Lebens, auf die es keine eindeutige Antwort gibt, von der man sagen könnte, daß es Menschen gibt, die diese Antwort kennen und andere, auf die das nicht zutrifft:

Mit dieser Frage leben bedeutet nämlich nichts anderes, als irgendwie dauernd auf sie zu “antworten”; bzw. mit jenem “Sinn” in einer Art lebendigem “Kontakt” zu sein; bzw. eine Art undeutlichen Widerhall dieses “Sinnes” zu hören. Das ist also nicht das Ende eines Problems, sondern im Gegenteil das immer engere Zusammenleben mit ihm. (p.167)

Das Geheimnis des Seins und der Sinn des Lebens sind nicht irgendwelche “Daten”, und die Menschen sind nicht eingeteilt in solche, die diese Daten kennen und solche, die sie nicht kennen. (p.166)

Trotz (oder wegen) dieser prinzipiellen Unkenntnis der Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens läßt sie uns nie in Ruhe:

Der Sinn des Lebens ist... etwas, mit dem wir uns auf diese oder jene Weise sättigen, das wir ständig suchen und verzweifelt entbehren und das wir... wirklich - sei es auch im höchst verzweifelten Entbehren - auf eine Weise berühren, bzw. das auf diese oder jene Weise uns berührt. Es ist kein Punkt hinter dem Leben, sondern der Ausgangspunkt zu seinem tieferen Erleben. Als ob es irgendein Licht wäre, dessen Quelle wir nicht sehen und nicht sehen können, aus dessen Leuchten wir aber trotzdem leben - sei es so, daß wir uns an seinem unbegreiflichen Übermaß freuen, oder so, daß wir an seinem unbegreiflichen Mangel leiden. (p.167)

Hier wird erkennbar, wie verwandt die Suche nach dem Sinn des Lebens mit der Suche nach dem absoluten Horizont ist. Havel führt dies an anderer Stelle explizit aus:

Die Suche nach dem Sinn des Lebens ist also eigentlich ein Suchen nach dem absoluten Horizont. (p.183)

Havel schreibt nun dem Menschen eine besondere Rolle insofern zu, als durch ihn, durch seine Suche nach dem Sinn des Lebens, das Sein, das sich quasi “selbst in Frage stellt”, zu seiner Erfüllung kommt:

Ich möchte sagen, daß eine Art mystischer Zusammenarbeit entsteht: es ist, als ob unser Bedürfnis, unseren eigenen Sinn in der Berührung mit dem “Sinn überhaupt” zu finden, diesen Sinn aus allem heraussaugt, was uns umgibt, und als ob das, was uns umgibt, umgekehrt aus den tiefsten Bereichen unseres Wesens auch unsere eigene verhüllte Gewißheit des Sinns, das ist die Gewißheit des Lebens, heraussaugte. In dieser Zusammenarbeit, in diesem Treffen, in diesem Kontakt trifft sich zum Schluß - eigentlich nur auf einem eigenartigen Umwege - der Sinn des Seins mit sich selbst: er mußte sich selbst erst durch den Menschen in Frage stellen, um dann durch dessen Suchen nach dem “Sinn des Lebens”, durch seine Offenbarung in der Welt, die ihn umgibt, und zuletzt im Zusammentreffen des einen mit dem anderen zu sich zurückzukehren und sich zu erfüllen. (p.204)

 

6. Hoffnung vs. Resignation

Havel sieht das menschliche Leben als eine unentwegte Auseinandersetzung zwischen Sinn und Nichts, als einen “unaufhörlichen Kampf, den diese zwei Mächte um unsere Seele führen.” (p.100) An anderer Stelle (pp.242/243) beschreibt Havel diesen Kampf als einen zwischen der Ordnung des Todes und dem Willen zur Identität. “Gewinnt” die Ordnung des Todes bzw. das Nichts, kommt es zu Gleichgültigkeit und Resignation:

Gleichgültigkeit und Resignation halte ich für die weitaus ernsteste Art des menschlichen Falles in das Nichts. (p.111)

Resignation kann - ähnlich wie der Glaube - reflektiert oder unreflektiert sein. Sowei sie reflektiert ist, nötigt sie dann der Anflug von schlechtem Gewissen, der sie begleitet, sich selbst ausführlich zu begründen und zu verteidigen..., indem sie auf die Schlechtigkeit der Welt hinweist und auf die Unveränderbarkeit dieser Schlechtigkeit. Dabei ist wichtig, daß es nicht die Schlechtigkeit der Welt ist, die in der letzten Instanz den Menschen gezwungen hat zu resignieren, sondern daß umgekehrt seine Resignation ihn auf die Theorien über die Schlechtigkeit der Welt gebracht hat. (p.177)

Der Mensch muß der “Versuchung des Nichts” widerstehen, darf Glauben und Hoffnung nicht verlieren:

Die Versuchung des Nichts ist riesig, allgegenwärtig und kann sich auf immer mehr stützen und auf immer mehr berufen; gegen sie steht der Mensch allein, schwach und schlechter bewaffnet als je sonst in der Geschichte. Und doch bin ich überzeugt, daß in diesem Tränental nichts existiert, was dem Menschen an und für sich die Hoffnung nehmen könnte, den Glauben, den Sinn des Lebens. Die verliert er ausschließlich dann, wenn er selbst versagt, wenn er der Versuchung des Nichts erliegt. (p.178)

Eine, wenn nicht die Hoffnung schlechthin für den Menschen ist der Sinn des Lebens:

Der Sinn des Lebens ist das dunkelste und peinigendste Rätsel - und zugleich unsere letzte Hoffnung, der einzige feste Punkt des Lebens und der einzige Grund dazu. (p.184)

In engem Zusammenhang mit der Hoffnung steht der Glaube als Orientierung des Menschen auf das Sein:

die Orientierung auf das Sein hin als einen Zustand der Seele kann man auch als Glaube begreifen: der auf das Sein hin orientierte Mensch glaubt wesenhaft an das Leben, die Welt, die Sittlichkeit, an den Sinn der Dinge und seiner selbst; seine Beziehung zum Leben ist begleitet von Hoffnung, von Staunen, von Demut und spontanem Respekt vor seinem Geheimnis; den Sinn seines Mühens mißt er nicht nur an seinen in der Erscheinung faßbaren Erfolgen, sondern vor allem an seinem inneren “Wert an sich” (d.h. dem Wert auf dem Hintergrund des absoluten Horizonts). (p.295)

Für den Glauben dieser Art, d.h. einen, der auf den absoluten Horizont als Hintergrund aller Welterfahrung gegründet ist, hat alles, was ist und geschieht, Sinn; dieser Glaube hat weiters auch nichts mit Optimismus im herkömmlichen Sinn zu tun:

[Der Glaube] ist ... unabhängig davon, wie die Dinge ausgehen: seinen - sei es auch unklaren - Sinn hat für ihn alles, also auch das, was schlecht ausgeht. (p.100)

[Der Glaube] schöpft seinen Gehalt nicht aus irgendeiner konkreten Wirklichkeit oder Voraussetzung, von deren Existenz er restlos abhängig wäre und nach deren Verlust er sofort schrumpfen würde wie ein geplatzter Ballon. (p.99)

Eine andere Sichtweise der Dialektik von Sinn und Nichts ist die von Leben und Tod:

je intensiver und voller der Mensch lebt und sich sein Leben bewußtmacht, desto stärker dringt aus dem Inneren seines Erlebens das an ihn heran, was eigentlich das Sein zum Sein macht, das Leben zum Leben und den Sinn zum Sinn - nämlich ihr Hintergrund, Gegenteil und einzig definierender Maßstab: Nichtsein, Tod und Nichts. (pp.163/164)

Schließlich meint Havel auch:

ohne das Bewußtsein des Todes würde so etwas wie der “Sinn des Lebens” nicht existieren, und das menschliche Leben hätte also nichts Menschliches in sich. (p.181)

 

7. Zusammenfassung: Havels philosophische Grundsätze in Kurzform

(i) Der Mensch ist ein zweifach Geworfener. Zum einen in die Welt (d.h. in das Nicht-Ich, das aus der Spaltung des Seins in Ich und Nicht-Ich hervorgegangen ist) und zum anderen in den Ursprung im Sein.

(ii) So ist der Mensch also Teil des Seins und gleichzeitig von ihm getrennt ("getrenntes Sein").

(iii) Die Verantwortung des Menschen gegenüber dem absoluten Horizont, jenem Sein, das "hinter allem ist", begründet die Identität des Menschen.

(iv) Der absolute Horizont zeigt sich konkret in der Welterfahrung des Menschen, in dessen "konkretem Horizont".

(v) Somit manifestiert sich die Verantwortung gegenüber dem absoluten Horizont in der Verantwortung gegenüber der Welt, insbesondere aber gegenüber dem Du, dem Mitmenschen.

(vi) Alles, was geschieht, ist im Seinsgedächtnis gespeichert.

(vii) Jede geistige Tat ist Bestandteil der Ordnung des Geistes und im Gedächtnis der Ordnung des Geistes gespeichert.

(viii) Für den Menschen als "getrenntes Sein" stellt sich ganz elementar und grundlegend die Frage nach dem Sinn (des Lebens), auf die er durch sein Leben eine Antwort zu geben versucht.

(ix) In diesem Zusammenhang sind für den Menschen Hoffnung und Glaube ("Orientierung am Sein bzw. am absoluten Horizont") entscheidend, um sich nicht von der Gefahr der Resignation und der Ordnung des Todes vereinnahmen zu lassen.

 

 

 

 

Graz, im September 1994

 

 

 

Quelle: Als Grundlage dieser Arbeit diente das Buch “Briefe an Olga” von Václav Havel, Rowohlt Taschenbuch, 1989, Reihe rororo aktuell (12732)